Ausbildung vor dem Studium

Eine Frage, die oft gestellt wird: ''Lohnt sich eine Ausbildung vor dem Studium?'' So einfach die Frage klingt, so schwer ist es da, das ''Für und Wider'' abzuwägen. Eine Reihe von Argumenten sprechen dafür, aber auch dagegen.

Eine betriebliche Ausbildung, oft auch als duale Ausbildung bezeichnet, dauert zwischen 2 und 3,5 Jahren. Je nach Berufsausbildung und Betrieb kann das in diesem Zeitrahem variieren. In der Regel wechselt sich der Besuch der Berufsschule (Theorie) mit einem praktischen Teil (Betrieb) ab. Auszubildende erhalten eine Ausbildungsvergütung und das Kindergeld wird weiter gezahlt. Neben betrieblichen Ausbildungen können dann noch Ausbildungen an Berufsfachschulen absolviert werden. Mit Ausnahme einiger Gesundheits- und Pfegeberufe (z.B. Altenpfleger), wird hier keine Vergütung gezahlt, in vielen Fällen muss sogar Schulgeld gezahlt werden.

Die wichtigsten Argument pro Ausbildung vor dem Studium:

1. Argument: Wer zunächst eine Ausbildung gemacht hat, der hat dann schon mal was in der Tasche!

Stimmt, wer anschließend ein Studium aufnimmt, damit aber nicht zurecht kommt, der kann nach einem Studienabbruch beruhigt seinen erlernten Beruf wieder aufnehmen.

2. Argument: Wer zunächst eine Ausbildung macht, kann schon während der Ausbildung Geld für das spätere Studium zurücklegen und damit sein Studium besser finanzieren.

Stimmt. Allerdings gibt es hier einiges zu beachten. Wer beispielsweise BAföG-berechtigt ist, der darf nur einen begrenzenten Betrag (ca. 5000€) angespart haben. Alles, was darüber hinausgeht, muss zunächst für das Studium verwendet werden. Auch eigene PKW werden beispielsweise hier mit einberechnet. Daher unbedingt vor einer Ausbildung prüfen, ob man BAföG berechtigt ist.

3. Argument: Wer zunächst eine Ausbildung macht, dem fällt das spätere Studium leichter, da er ja schon Einblicke in die Berufswelt bekomen hat.

Stimmt: Für viele Studiengänge, etwa an Fachhochschulen (Universities of Applied Cciences), werden berufspraktische Erfahrungen vorausgesetzt. Diese kann man entweder durch eine fachbezogene Ausbildung erlangen oder durch ein 3-monatiges Vorpraktikum vor Studienbeginn. Aber auch einige Universitäten empfehlen eine praktische Ausbildung vor dem Studium. Der Fachbereich Wirtschaft der Uni Münster formuliert das z.B. so: ''Das Absolvieren einer kaufmännischen Lehre oder eines Praktikums in der gewerblichen Wirtschaft erleichtert erfahrungsgemäß das Verständnis der in den Vorlesungen dargebotenen wirtschaftlichen Sachverhalte.''

4. Argument: Wenn man eine Ausbildung absolviert, zählt die Zeit als Wartezeit und erleichtert den Zugang zum Studium.

Stimmt. Viele Studiengänge haben mittlerweile eine Zugangsbeschränkung, da es mehr Bewerber als Plätze gibt. Hier wird dann in der Regel entweder auf Grund des Abischnittes entschieden, ob jemand einen Platz bekommt oder auf Grund der erworbenen Wartezeit. Als ''Wartesemester'' zählt jedes Halbjahr nach dem Erwerb der Hochschulreife. Die Wartezeit wird einfach ermittelt, in dem man die Zeit zwischen dem Erwerb des Abiturs und des Bewerbungszeitpunktes in Halbjahre umrechnet. Jedes halbe Jahr in dem dann nicht studiert wurde, wird automatisch als Wartesemester gezählt. Ganz egal, was man in dieser Zeit gemacht hat. In manchen Bundesländern kann durch eine Ausbildung auch der Notendurchschnitt verbessert werden (z.B. in Niedersachsen). Und bei einer Bewerbung um einen Medizinstudienplatz kann dies positive Auswirkungen haben. Mehr dazu findet sich auf unserer Website www.auswahlgrenzen.de


Die wichtigesten Argumente, die gegen eine vorherige Ausbildung sprechen:

1. Argument: Gute Abiturienten nehmen Haupt- und Realschülern die Lehrstellen weg!
''Viele Schüler, die das Gymnasium besuchen, streben keine weitere Universitätsausbildung an. Laut Statistik stellen wir fest, dass diese Abiturienten den Hauptschülern die berufliche Laufbahn erschweren, indem sie die Lehrstellen besetzen. Z.B.: 2012/13 sind rund 30% der Abiturienten in eine Berufsschule gewechselt, hingegen konnten nur rund 12% der Hauptschulabgänger eine Lehrstelle bekommen.'' (Quelle)

2. Argument: Die Ausbildungs- und Studienzeiten verlängern sich erheblich.
3 Jahre Ausbildung plus 3 Jahre Bachelorstudium und evtl. noch 2 Jahre Masterstudium bedeuten eine bis zu 8 Jahre lange Ausbildungs- und Studienzeit. Das kann auch finanzielle Auswirkungen haben:

Kindergeld wird nur bis zum 25. Lebensjahr gezahlt. Ein 18jähriger Abiturient, der mit 21 seine Ausbildung und dann mit 26 sein Studium beendet, erhält in den letzten 2 Jahren seines Studiums keine 184 € Kindergeld mehr.
Krankenversicherung: Ab 25 muss sich ein Student selber versichern, kann also nicht mehr kostenfrei durch die Eltern mitversichert bleiben. Derzeit kostet eine studentische Krankenversicherung (seit 2013: 64,77 € monatlich plus Pflegeversicherung: 13,73 €) insgesamt 78,51 € im Monat.

Bei einigen Studiengängen ist vor dem Eintritt ins Berufsleben noch ein Referendariat zu absolvieren. Zum Beispiel dauert dies bei Lehrern bis zu 2 Jahre. Juristen benötigen ebenfalls 2 Jahre, um nach dem 9-semestrigen Studium das notwendige zweite Staatsexamen zu bekommen. Damit kann sich die Ausbildungszeit auf bis zu 10 Jahren erhöhen. Ein langer Zeitraum, der auch die eigene Familienplanung beeinflussen kann.